Papablogger Christian Hanne hat sein erstes Buch veröffentlicht: In „Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith“ gibt es viel zu schmunzeln und zu lachen über die Erinnerungen eines Vaters an die erste Schwangerschaft, Geburt und die Zeit mit Baby.
Christian Hanne betreibt seit einigen Jahren erfolgreich den Blog Familienbetrieb, in dem er mit seinem ganz speziellen Humor über die Irrungen und Wirrungen des Familienlebens schreibt und philosophiert. Jeden Freitag veröffentlicht er zudem die „Familientweets der Woche“, eine wirklich witzige Angelegenheit.
Nun ist im Seitenstraßen Verlag eine Sammlung von Kurzgeschichten aus den „Gründerjahren des Familienbetriebs“ erschienen: Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith.
Wir haben mit Christian Hanne über sein erstes Buch gesprochen und möchten euch seine geistreichen Antworten nicht vorenthalten! 🙂
Unter dem Interview stellen wir euch das Buch noch etwas genauer vor.
„Muttermund tut Wahrheit kund“ fand zu wenig Akzeptanz
mamour: Warum hast du jetzt ein Buch über die erste Zeit als Vater geschrieben – deine Tochter ist ja inzwischen schon Teenager. Hast du so lange gebraucht, um es zu verarbeiten?
Christian Hanne: Die Idee zu schreiben, kam bei mir erst relativ spät. So mit Mitte, Ende 30. In dem Alter fangen Männer ja häufig an, darüber nachzudenken, ob man nicht noch etwas anderes in seinem Leben machen kann. Manche kaufen sich dann einen Porsche und legen sich eine Geliebte zu, ich habe stattdessen angefangen zu bloggen. Eine Entscheidung, die meine Frau sicherlich sehr begrüßt.
„Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith“ – über den Titel deines Buches stolpert man natürlich. Wie bist du auf die Idee gekommen?
Während des Schreibens brauchte es irgendwann einen Titel, weil das Buch in irgendwelchen Listen für den Buchhandel registriert werden musste. Ich habe mir dann ein paar Titel ausgedacht, die irgendetwas mit dem Inhalt des Buches zu tun haben, und habe dann im Internet darüber abstimmen lassen. Der Judith-Titel hat sich dabei relativ deutlich durchgesetzt. Allerdings stand „Muttermund tut Wahrheit kund“ nicht mehr zu Wahl, da er in der familieninternen Titelfindungskommission zu wenig Akzeptanz fand.
Das Buch ist wirklich sehr witzig und unterhaltsam, mit dem typischen Humor, den man auch von deinem Blog kennt. Viele Situationen mit Kindern lassen sich entweder mit Humor oder auch mit dem Mantra „Das ist alles nur eine Phase“ überstehen. Oder wie siehst du das?
Humor ist auf jeden Fall sehr hilfreich, um den täglichen Familienwahnsinn zu meistern. Genauso wie Cognac und Ritalin. Das ist natürlich nur ein Scherz. Auf anwaltlichen Rat möchte ich betonen, dass ich Alkohol- wie Medikamentenmissbrauch rigoros ablehne.
Die Geburt: „Sehr intensive 48 Stunden mit Höhen und Tiefen“
In „Die Qual der Namenswahl“ berichtest du von langwierigen Verhandlungen bezüglich der Namensfindung – eine Situation, die die meisten werdenden Eltern wohl kennen dürften. Wie hast du dich denn letztendlich mit „der Freundin“ auf einen Namen einigen können? Jesus kann es ja nicht geworden sein, da es ein Mädchen wurde.
Wir haben tatsächlich nach längerer vergeblicher Suche ein Namensbuch konsultiert und unabhängig voneinander unsere Favoriten rausgesucht. Auf der Liste „der Freundin“ stand der Name, den unsere Tochter nun trägt. Eigentlich waren alle Namen auf ihrer Liste besser als meine. Das würde ich öffentlich aber niemals zugeben.
Im Kapitel „Nur 48 Stunden – Protokoll einer schweren Geburt“ schilderst du minutiös die Geburt. Erinnerst du dich nach all den Jahren noch so gut daran?
An die Geburt hatte ich tatsächlich auch nach Jahren noch sehr genaue Erinnerungen. Wahrscheinlich, weil es sehr intensive 48 Stunden mit Höhen und Tiefen waren.
Hast du deine Familie das Buch lesen lassen oder war dir das zu gefährlich? Der aufmerksame Blogleser wird ja mitbekommen haben, dass „die Freundin“ diesen Sommer zu „der Frau“ geworden ist – sie kann es also nicht ganz so schlimm aufgefasst haben, mit einem „adipösen Beluga“ verglichen zu werden?!
Die Geschichten im Buch sollten nicht als biographische Darstellung der Realität missverstanden werden. Es ist allenfalls eine biographische Fiktion. Oder eine fiktive Biographie. Dabei benutze ich Erlebnisse aus unserem Alltag lediglich als Inspirationsquelle und denke mir dann etwas aus. Ich bin quasi meine eigene Muse. Während der fiktive Ich-Erzähler so wahnsinnig ist, seine fiktive schwanger Freundin als „adipösen Beluga“ zu bezeichnen, würde ich mir das nie erlauben. Schon alleine aus finanziellen Gründen nicht, weil ich mir eine Scheidung nicht leisten könnte.
„Die Freundin“ hat aber tatsächlich das Manuskript vorher gelesen. Da Sie danach keine Veto dagegen einlegte, „die Frau“ zu werden, gehe ich davon aus, dass sie keine größeren Einwände hatte.
Familien-Tweets: „Zeigen, dass es in anderen Familien auch chaotisch und anstrengend zugeht“
Mit deinem Blog bist du einer der wenigen männlichen Familienblogger und damit auch sehr erfolgreich. Nun sind deine Kinder mit 10 und 13 schon so alt, dass sie – wenn sie wollten – lesen könnten, was du so schreibst. Haben sie schon mal ein Veto eingelegt, damit du etwas nicht verbloggst?
Die Tochter liest den Blog regelmäßig. Bisher haben meine Kinder noch keine Einwände gehabt. Aber ich glaube, meine innere Zensur funktioniert ohnehin ganz gut und ich weiß, bei welchen Alltagserlebnissen es weniger opportun ist, sie literarisch zu verarbeiten.
Du veröffentlichst die „Familientweets der Woche“: Wie bist du darauf gekommen, die lustigsten Posts bei Twitter zu sammeln? Und wie findest du sie?
So wahninnig originell sind solche Tweet-Sammlungen ja nicht. Andere machen das ja auch. Zum Beispiel „Stern Online“. Mir gefallen die Familien-Tweets, weil sie den Leserinnen und Lesern zeigen, dass es in anderen Familien auch chaotisch und anstrengend zugeht und es keinen Grund zum Verzweifeln gibt.
Die Tweets sammle ich einerseits „händisch“ beim täglichen Lesen meiner Timeline. Andererseits bekomme ich von ein paar Twitterern auch lustige Tweets zugeschickt. Am schönsten ist es, wenn es nicht nur eigene, sondern auch Tweets von anderen sind.
Planst du eine Fortsetzung des Buches? Die anstehende Pubertät wäre ja ein schönes Thema!
Wenn mehr als eine Millionen Exemplare verkauft werden, gibt es sicherlich eine Fortsetzung. Eventuell auch schon bei 999.990 Exemplaren. Zwischen dem Säuglingsalter und der Pubertät liegen ja ebenfalls noch ein paar Jahre, mit denen sich Bücher füllen lassen.
Bei mamour fragen wir immer gerne nach dem Lieblingsbuch aus Kindertagen: Was hast du besonders gern gelesen? Gibt es einen Helden deiner Kindheit aus einem Buch?
Eine Heldin: Die kleine Raupe Nimmersatt. Das Buch hatte so schöne dicke Seiten mit Löchern, durch die man seine Finger stecken konnte. Außerdem hat die Raupe ganz viel gegessen. Das empfand ich schon als Kind als sehr sympathischen Wesenszug.
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Einblicke ins Buch: Humorvolle Anekdoten aus dem Elternalltag
Wenn man den Blog von Christian Hanne kennt, liest man sein Buch mit einer gewissen Erwartungshaltung. Und der Autor erfüllt diese voll und ganz: „Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith“ ist lustig, ohne dabei platt zu werden, und schildert Situationen, die schwangere Paare und junge Eltern erleben, in gewohnt humorvoller Art.
Der Autor versichert, dass es sich nicht um autobiografische Erlebnisse handelt – aber Müter und Väter finden sich sicherlich in den meisten geschilderten Situationen wieder und können das Gefühlschaos nachempfinden, das die werdenden Eltern im Buch durchleben: der positive Schwangerschaftstest, der erste Besuch bei der Frauenärztin, unerwartet teure Baby-Erstausstattung, die komplizierten und langwierigen Verhandlungen zur Namensfindung für das Kind, denkwürdige Begegnungen bei Geburtsvorbereitungskursen, die Kreißsaalbesichtigung, die lange Geburt, erste durchwachte Nächte mit schreiendem Baby und überaus geschmackvolle Geschenke zur Geburt.
Auf Nummer Sicher beim Schwangerschaftstest
Vielleicht wird nicht jeder werdende Vater gleich mehrere Schwangerschaftstests kaufen wie der Erzähler im Buch, um dann von der Drogerie-Verkäuferin schief angeschaut zu werden und einen Kommentar zu kassieren.
„Die Verkäuferin stellt mit Berliner Charme fest: ‚Na, da will aber einer auf Nummer sicher gehen.‘ Entgegne lachend: ‚Nein, dann hätte ich Kondome gekauft.‘ Findet die Frau nicht ganz so lustig wie ich. Sie schaut mich missbilligend an und reicht mir stumm das Wechselgeld.“
Vielen Eltern dürfte es allerdings ähnlich gehen wie dem Erzähler und seiner Freundin beim Einkauf der Baby-Erstausstattung: „An der Kasse addiert eine Verkäuferin unsere Einkäufe zusammen. Sie weint vor Freude. Die Freundin und ich haben ebenfalls Tränen in den Augen, als sie die von uns zu entrichtende Gesamtsumme präsentiert. Sie bewegt sich auf dem Niveau des Berliner Haushaltsdefizits.“
Als der werdende Vater in einem Elternforum liest, dass Männer ihre Frauen bei der Entbindung anfeuern sollen, sinniert er über das Wie: zwischen den Wehen „Eine kommt noch, eine kommt noch nach!“ oder „Steh auf, wenn du Wehen hast.“ und nach der Geburt „You’ll never sleep alone!“
Wer straft seine Kinder mit Namen wie Cinderella oder Pumuckl?
Es sind kurze Anekdoten und Gedankeneinwürfe, die das Buch so unterhaltsam machen – wie beim Kauf von Still-BH’s:
„Rege an, lieber einen preisgünstigen und ähnlich funktionalen busenfreien BH bei Beate Uhse zu erwerben, der nach der Stillzeit wenigstens eine Anschlussverwendung ermögliche. Scheine die Freundin mit meinem Vorschlag nicht restlos zu überzeugen, denn sie lehnt ihn kommentarlos ab.“
Oder bei der Namensdiskussion: „Finde heraus, dass die deutsche Rechtsprechung zunehmend exotische Namen zulässt. […] Andererseits stellt sich aber die Frage, wie groß das intellektuelle Vakuum bei Menschen ist, die ihre Kinder mit Namen wie Cinderella oder Pumuckl strafen.“
Das Buch sprüht nur so vor Wortwitz, bis hin zu der liebevollen Darstellung der hochschwangeren Freundin als „adipöser Beluga“ mit „orcaesker Leibesfülle“. Und die Beschreibung des ersten Wickelversuchs zuhause ist einfach herrlich.
Kurzum: ein Buch für alle werdenden Eltern, junge und alte Eltern, Großeltern und überhaupt Menschen mit gutem Humor!
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Über Christian Hanne
Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel „Nackte Kanone“ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog „Familienbetrieb“ schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
“Ich benutze Erlebnisse aus unserem Alltag als Inspirationsquelle und denke mir dann etwas aus. Ich bin quasi meine eigene Muse.”
Christian Hanne
Fotografin: Stefanie Fiebrig