In ihrem neuen Buch zeigt uns Autorin Nora Imlau, wie sehr wir unsere Babys of unterschätzen, und hilft uns dabei, Signale und Verhalten der Kleinsten besser zu verstehen.
Schon im Vorwort hat Nora Imlau mich von der Idee für ihr neues Buch „Mein kompetentes Baby“ überzeugt: In unserer heutigen Gesellschaft gehen wir davon aus, dass Babys „unfertige“ kleine Menschen sind, die ihre Fertigkeiten von uns lernen müssen, und sehen nur, was sie alles „leider“ noch nicht können.
Stattdessen, so die Autorin, sollten wir wahrnehmen, dass Babys genau das können, was sie in ihrer momentanen Lebenswirklichkeit gerade benötigen.
Das sei „der erste Schritt dahin, den in unserer Gesellschaft tief verwurzelten defizitorientierten Blick auf unsere Kinder abzulegen und sie stattdessen in all ihren wunderbaren Kompetenzen zu sehen, die ihnen und uns das Leben leichter machen können. Denn unsere Kinder sind weder unterentwickelte Säugetiere noch unfertige kleine Erwachsene. Sie sind perfekt aufs Leben vorbereitete Menschenbabys, die aus gutem Grund ganz anders ticken als wir Großen: weil gerade das ihr größter Überlebensvorteil ist.“
Neugeborene können dank eines Krabbelreflexes, der sich kurz nach der Geburt wieder verliert, selbstständig und ohne Hilfe bis zur Brustwarze der Mutter robben, um dort sofort zu trinken. Babys können schon in den ersten Tagen Gesichter erkennen und stellen direkt eine Verbindung her. Sie imitieren freundliche Gesichtsausdrücke und treten dadurch mit uns Erwachsenen in Verbindung. Sie sehen so niedlich aus, dass wir gar nicht anders können, als uns liebevoll um sie zu kümmern. Sie teilen sich uns über Mimik und Gestik und, wenn wir die ersten Signale nicht erkannt haben, Schreien als letztes Mittel mit.
„Sie zeigen uns, wie viel Nahrung, wie viel Schlaf und wie viel Nähe sie brauchen, um sich gut zu entwickeln – wir müssen nichts anderes tun, als auf sie zu hören.“
Entspannte und unkomplizierte Stillbeziehung
Nach dem einführenden Teil „Kompetent von Anfang an“ beschäftigt sich Nora Imlau in weiteren Kapiteln mit den Themen Stillen, Beikost, Schlafen und widmet auch der Kommunikation, Motorik und dem Sozialverhalten je ein Kapitel.
Hättet ihr gewusst, dass wir in der modernen westlichen Welt Stillprobleme oft selber verursachen, indem wir dem Neugeborenen nach der Geburt die Brustwarze der Mutter in den Mund stopfen, statt es selber „andocken“ zu lassen? So saugt das Baby jedoch die Brustwarze oft nicht optimal an, was unter Umständen zu schmerzhaften Stillproblemen führt.
Wenn wir uns darauf einlassen, dass unser Baby selber weiß, wann und wieviel es trinken möchte, dass es ein „aktives und kompetentes Stillkind“ ist, ermöglichen wir damit eine entspannte und unkomplizierte Stillbeziehung.
„Will das Kleine an die Brust, darf es trinken – egal, wie lange die letzte Mahlzeit her ist. Zeigt es unspezifische Signale von Unzufriedenheit, kann die Mutter ihm jederzeit auch einfach testweise die Brust anbieten – wenn es sie annimmt, hilft sie ihm, verweigert es die Brust, braucht es etwas anderes. Beides klar zu zeigen, liegt in seiner Verantwortung und seiner Kompetenz.“
Auch an das Thema Beikost sollten wir Eltern offen und entspannt herangehen und uns von Zeitplänen nicht beeinflussen und verrückt machen lassen, empfiehlt Nora Imlau.
Beikosteinführung ab dem vollendeten vierten Monat? Nein! Sondern dann, wenn das Baby bereit dafür ist und dies signalisiert: wenn es sitzen kann und seinen Kopf selbstständig hält, wenn es gezielt Gegenstände zum Mund führen kann, wenn der Zungenstreckreflex verschwunden ist, wenn es Interesse am Essen der Großen zeigt.
„Indem sie von Anfang an selbst entscheiden, was, wie viel und wie schnell sie essen, erleben Babys sich selbst als die kompetenten Wesen, die sie sind. Und ihre Eltern auch! Das bedeutet weniger Stress und mehr Spaß am Essen für alle – und das gute Gefühl, einmal mehr die angeborenen Kompetenzen unseres Kindes nicht untergraben, sondern gesehen und gefördert zu haben.“
Hier finden sich im Buch hilfreiche Tipps zum Baby-led Weaning, zum babygeleiteten, selbstbestimmten Beikoststart mit Fingerfood: gedünstete Gemüsesticks, Erbsen, Obst, Brot etc.
„Haut an Haut, Herz an Herz“
Dem Thema Schlaf hat Nora Imlau ja schon ein ganzes Buch gewidmet. Das kompetente Baby greift beim Schlaf, wie auch beim Essen, auf uralte, überlebenswichtige Verhaltensweisen zurück.
„Haut an Haut, Herz an Herz, rundum gehalten, vollkommen geborgen.“ – ein Merksatz, der die idealen Schlafbedingungen unserer Babys wunderbar zusammenfasst.
„Die wichtigsten menschlichen Kommunikationswerkzeuge beherrschen sie bereits, wenn sie zur Welt kommen. Und sie nutzen sie von Anfang an, um mit uns Eltern in Beziehung zu treten und uns zu zeigen, was sie brauchen!“
Babys können nur schlafen, trinken und schreien? Von wegen! Sie haben schon ausgeklügelte Wege, mit uns zu kommunizieren: Blickkontakt und Lächeln, körperliche Signale wie Strecken und Festhalten, Weggucken und Verkriechen (Unwohlsein, Überforderung), Lachen und Glucksen, Schmatzen und Suchen (Hunger), Augenreiben und Gähnen (Müdigkeit), Drücken und Winden (Ausscheidungssignale), Rufen und Schreien. Wir müssen uns nur die Zeit nehmen, sie wahrzunehmen und zu interpretieren.
Genauso verhält es sich mit dem Sprechen-Lernen: „Unsere kompetenten Babys lernen sprechen, fast egal, was wir tun.“ Aber mit Babysprache können wir sie darin unterstützen: „Gerade die hohe Stimmlage, die übertriebene Sprechweise und die vielen Wiederholungen helfen Babys nämlich dabei, ihre angeborene Sprachkompetenz weiter zu entwickeln.“
Wir verlosen „Mein kompetentes Baby“
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Kinder haben einen gesunden Egoismus
Und was ist mit sozialen Kompetenzen? „Unsere Babys sind von Geburt an auf menschliche Beziehungen ausgelegt. Sie kommen auf die Welt mit dem angeborenen Bedürfnis, sich zu binden und mit anderen Menschen eine Gemeinschaft zu formen.“ Durch Empathie und Beobachten der Verhaltensweisen und Reaktionen ihrer Bezugspersonen lernen unsere Babys soziale Grundwerte.
„Die Kompetenz zur sozialen Interaktion sowie zum Erkennen und Einordnen menschlicher Emotionen ist in Babys von Geburt an angelegt und entwickelt sich in den ersten Lebensmonaten stetig weiter.“
Warum tun sich unsere Babys und Kleinkinder so schwer damit, ihre Spielsachen mit anderen Kindern zu teilen, bieten ihren Eltern aber gerne angelutschte Dinkelstangen und ähnliches an? Auch darauf gibt es eine steinzeitliche Erklärung: Teilen mit den Bezugspersonen ist beziehungs- und bindungsfördernd, mit gleichaltrigen Kindern jedoch bestand in unserer steinzeitlichen Vergangenheit ein stetes Buhlen um Aufmerksamkeit und Nahrung, sodass „ein gewisser gesunder Egoismus angesichts echter Verteilungskämpfe durchaus angebracht“ war.
Und warum grinst mich mein Kind an, nachdem es die kleine Schwester mit dem Spielzeug geschlagen hat? Will es mich provozieren? Tut es ihm nicht leid? Doch, es tut ihm leid, das Grinsen ist ein Friedensangebot und Versöhnungsversuch: „Breit zu grinsen, war somit in der Geschichte unserer Art eine bewährte und kluge Strategie für kleine Kinder, um ihren Eltern zu signalisieren, dass ihnen ihr Verhalten leid tut“.
Diese und viele weitere Erklärungen für Verhaltensweisen unserer Kleinsten liefert Nora Imlau uns in ihrem neuen Buch – ein unbedingt zu empfehlendes und lesenswertes Werk. Bei allen hilfreichen und hintergründigen Informationen ist das Buch auch noch sehr leicht und angenehm zu lesen und es macht richtig Spaß.
Hier geht’s zum Buch in unserem Shop.
Über die Autorin
Janine Plitsch ist zweifache Mama und Buchhändlerin mit Leidenschaft. Die Gründerin von mamour hat in ihren Schwangerschaften selbst alles verschlungen, was ihr zum Thema in die Hände gefallen ist – jetzt hilft sie anderen (werdenden) Müttern und Vätern, die besten Bücher rund um Schwangerschaft, Babyzeit und Co. zu finden.
“Spannende Lektüre, bei der man noch einiges über Babys lernen kann.”
Janine Plitsch
Quellennachweis Titelbild: Oleksii Khmyz, Shutterstock.com