„Was unsere Kinder brauchen“, so lautet der Titel des neuen Erziehungsratgebers von Katharina Saalfrank. Die als „Super Nanny“ bekannt gewordene Autorin bringt Eltern darin „7 Werte für eine gelingende Eltern-Kind-Beziehung“ näher. Wir haben mit ihr über das Buch und ihre Arbeit gesprochen.
„Es geht mir um eine tragfähige Beziehung, die auf einer sicheren Bindung zu uns Eltern aufbaut und die auch die emotionale Entwicklung des Kindes berücksichtigt“, schreibt Katharina Saalfrank im Vorwort ihres neuen Buches „Was Kinder brauchen“, erschienen im GU Verlag (hier geht’s zum Buch in unserem Shop).
Die Autorin lädt die Eltern ein, „die Idee des klassischen Erziehens hinter sich zu lassen und im Umgang mit Ihren Kindern vor allem auf das Miteinander zu schauen“.
Dafür liefert Katharina Saalfrank sieben Werte, die als „Kompass“ dienen sollen auf „neuen Wegen im Umgang mit unseren Kindern“:
- Beziehung statt Erziehung
- Achtsamkeit statt Belehrung
- Verantwortung statt Bevormundung
- Wertschätzung statt Abwertung
- Vertrauen statt Kontrolle
- Dialog statt Monolog
- Miteinander statt Gegeneinander
Wir haben mit Katharina über ihr neues Buch und Herausforderungen auf dem Weg zu einer neuen Eltern-Kind-Beziehung gesprochen:
VERLOSUNG
Du möchtest „Was unsere Kinder brauchen“ lesen oder verschenken?
Wir verlosen ein Exemplar des Buches von Katharina Saalfrank unter unseren Newsletter-Abonnenten. Wenn du den Newsletter noch nicht bekommst, kannst du dich einfach hier eintragen! Du bekommst ca. alle zwei Wochen eine E-Mail von uns, abmelden kannst du dich jederzeit.
Um an der Buchverlosung teilnehmen zu können, trage dich bitte bis Dienstag, 31. Oktober 2016, in den Newsletter ein!
Interview: Impulse statt Verhaltensanweisungen
Was hat dich dazu gebracht, trotz der Masse der Erziehungsratgeber noch einen weiteren zu schreiben? Was ist neu in „Was unsere Kinder brauchen“?
Ich stehe der Masse an Ratgebern selbst kritisch gegenüber. Das steht auch gleich auf einer der ersten Seiten im Buch. Sie sind oft direktiv und geben Eltern Handlungsanweisungen. Sie entmündigen Eltern damit, nehmen Verantwortung und vernachlässigen auch, dass Konstellationen vielfältig und Kinder ganz unterschiedlich sind.
Für mich ist das Neue an diesem Buch, dass es Eltern eben nicht sagt: Tu dies und lasse jenes! Sondern sich ganz klar an die Seite von Eltern stellt. Eltern stehen so unter Druck und unter gesellschaftlichem Beschuss. Wir können es eigentlich keinem Recht machen. Entweder sind wir „Rabenmütter“ oder „Helikoptereltern“.
Und Eltern sind leichte „Opfer“, denn sie sind in Bezug auf ihre Kinder natürlich sehr verletzlich. Diese Verletzlichkeit kenne ich und es ist mir auch in meiner Arbeit als Eltern- und Familienberaterin wichtig, dass Eltern sich nicht klein und unsicher, sondern bestärkt und wertgeschätzt fühlen. Es ist wirklich ein Buch für Eltern und nicht eines gegen sie.
So gibt es auch keine Verhaltensanweisungen und Tipps, sondern viele Impulse und am Ende eines jeden Kapitels sind mögliche „Aha-Effekte“ zusammengefasst. Außerdem erfahren die Eltern in zahlreichen Praxisbeispielen viel über die Bindungs- und Säuglingsforschung, die Evolutionsbiologie, die Hirnforschung und die emotionale Entwicklung von Kindern. Das ist wesentliches Wissen über das gesunde Aufwachsen von Kindern.
In jedem Kapitel ist eine sogenannte „Rückenstärkung für Eltern“ dabei, damit sie dem gesellschaftlichen Druck auch etwas entgegensetzen können.
Hattest du eine bestimmte Zielgruppe unter den Eltern oder eine bestimmte Phase der Erziehung vor Augen, für die das Buch gedacht ist?
Nein, das Buch ist für Eltern gedacht, die sich über die Beziehung zu ihren Kindern Gedanken machen. Eigentlich sind das alle Eltern!
Im Buch lieferst du dem Leser sieben Familien-Werte, die Kindern helfen sollen, „zu angstfreien, selbstbewussten und glücklichen Erwachsenen heranzureifen“. Der vielleicht wichtigste Wert, der sich als Mantra durch das ganze Buch zieht, ist „Beziehung statt Erziehung“. Was rätst du Eltern, die situationsbedingt doch wieder in „Von-oben-herab“ und Machtausübung verfallen und die Wenn-Dann-Sätze auspacken?
Ich „rate“ gar nichts. Ich frage Eltern eher: Was ist euer Ziel? Und da wird schon deutlich, dass wir unsere Ziele verändert haben: Wir wollen heute nicht mehr (nur) angepasste und gehorsame Kinder, sondern selbstbewusste und starke, verantwortungsbewusste und unabhängige Persönlichkeiten, die ihr Leben meistern und unsere Gesellschaft gestalten können.
Zudem haben wir heute einfach viel differenzierteres Wissen, was Kinder brauchen, um psychisch und physisch gesund aufzuwachsen. Wir haben Erkenntnisse aus der Entwicklungspsychologie, der Säuglings- und Bindungsforschung und auch aus der Hirnforschung der Evolutionsbiologie. Alle diese Wissenschaften geben Auskunft darüber, wie kleine Menschen beschaffen sind, was für Bedürfnisse sie haben und was sie brauchen.
Früher mussten Gefühle und emotionale Bedürfnisse nach Wärme, Nähe und Geborgenheit unterdrückt werden, was Langzeitfolgen für die betroffenen Kinder hat. Von Burnout über Depressionen, Angst- und Bindungs- und Beziehungsstörungen. Wenn wir das doch heute wissen, dann können wir diese Erkenntnisse in unseren Umgang zu Kindern einfließen lassen und können wegkommen von der reinen Verhaltensanpassung – hin zu einem bindungs- und beziehungsorientierten Umgang miteinander.
„Kinder wollen ja etwas erreichen. Wir müssen sie dafür nicht belohnen.“
„Wir kränken unsere Kinder und verspielen ihr Vertrauen, wenn wir auf Konflikte mit Strafen und Konsequenzen reagieren.“, heißt es an einer Stelle im Buch. Du bringst ein schönes Beispiel von Leas Mutter, die mit ihrer Tochter „Kakao-Gespräche“ führt, um Lösungen für die Unordnung in Leas Zimmer zu finden. Allerdings ist Lea schon sechs Jahre alt und kann sich schon ausdrücken. Wie aber verhält man sich mit jüngeren Kindern, mit denen man solche Dialoge auf Augenhöhe noch nicht führen kann?
Beim Dialog geht es nicht um Endlosdiskussionen und um „richtig“ oder „falsch“. Die Voraussetzungen für einen guten Dialog werden intensiv im Buch beschrieben: Offenheit, Unvoreingenommenheit, Zuhören, den Anderen ernst nehmen, sich einander zuwenden, Verständnis und Interesse. Diese Aspekte gehören zu einer dialogischen Haltung.
Das heißt, wir können auch auf einen Säugling oder ein Kleinkind in dieser Haltung zugehen und offen sein, die Signale ernst nehmen und mit Verständnis und Interesse in den Kontakt gehen. Der Dialog hat also nicht ausschließlich etwas mit einem Gespräch auf Augenhöhe zu tun.
Im Kapitel „Vertrauen statt Kontrolle“ schreibst du über die Nachteile von Belohnungssystemen (wenn Kinder gelobt werden für eine gute Handlung). Welche Alternativen gibt es, um Kindern zu zeigen, dass etwas gut oder schlecht ist?
Wir berichten von Forschungsergebnissen aus der Entwicklungspsychologie, die uns Auskunft darüber geben, dass wir alle einen „eigenen inneren Motor“ in uns tragen und dass dieser „erstickt“ wird, wenn wir ständig von außen durch Belohnungssysteme motiviert werden.
Kinder wollen ja etwas erreichen. Wir müssen sie dafür nicht belohnen. Wir können uns mit ihnen freuen, wenn sie etwas erreicht haben. Das verankert sich im Selbst und macht Kinder dann stark. Mein Ziel ist es gar nicht, Kindern zu zeigen, was „gut“ oder „schlecht“ ist – ich lade dazu ein, diese Kategorien zu verlassen und Kinder nicht zu belehren, sondern mit ihnen in Kontakt zu gehen. Wir dürfen Kindern sagen, was wir wollen und was nicht und dürfen uns authentisch zeigen.
„Trotzphase“ als Bezeichnung irreführend
Als Eltern haben wir häufig genaue Vorstellungen davon, wie etwas ablaufen soll. Unsere Kinder haben ihren eigenen Kopf und handeln nicht immer entsprechend unserer Vorstellungen. Wir fühlen uns dann schon mal persönlich angegriffen, reagieren verärgert und sprechen von der „Trotzphase“. Wie schaffen wir es als Eltern, einen kühlen Kopf zu bewahren?
Wer das wissen möchte, ist bei dem Buch „Was unsere Kinder brauchen“ genau richtig. Da will ich an dieser Stelle gar nicht verkürzt vorgreifen. Denn im Buch ist intensiv beschrieben, warum die „Trotzphase“ als Bezeichnung irreführend und falsch ist und was wirklich im Kind vorgeht.
Nur wenn wir das wissen, können wir auch hilfreich für das Kind sein. Denn das ist ja mitten in der Entwicklung und braucht weniger Eltern, die einen „kühlen Kopf“ bewahren, als vielmehr Eltern, die sich dafür interessieren, was es jetzt tatsächlich braucht – ein Kernthema im Buch.
Deine vier Söhne sind inzwischen schon Teenager bzw. erwachsen. Wieviel ist aus deinen eigenen, persönlichen Erfahrungen in das Buch eingeflossen?
Meine Erfahrungen sind immer eine Mischung aus dem, was ich in der Praxis als Eltern- und Familienberaterin erlebe, und dem, was mich auch als Mutter ausmacht. Ich kann das gar nicht so trennen. In dem Buch allerdings geht es ja weniger um Erfahrungen, als eher darum, eine bestimmte Haltung in die Praxis zu bringen.
Du bist damals bekannt geworden als RTL-„Super Nanny“ – empfindest du die Bekanntheit aus diesem Format heute in deiner Arbeit mehr als Gewinn oder als Last?
Ja, als Pädagogin in dem Format „Die Super Nanny“ kennen mich einige, dort habe ich acht Jahre lang eine öffentliche Arbeit gemacht. Mal ist es hilfreich, mal weniger.
Bei mamour fragen wir immer gerne nach dem Lieblingsbuch aus Kindertagen: Was hast du besonders gern gelesen? Gibt es einen Helden deiner Kindheit aus einem Buch?
Oh, ich hatte viele Helden: Momo von Michael Ende oder auch Michel und Pipi Langstrumpf von Astrid Lindgren! Wunderbare Geschichten, die mich bis heute prägen.
Hier geht’s zum Buch in unserem Shop
Buchempfehlung
Janine Plitsch
„Was unsere Kinder brauchen“ regt Eltern zum Nachdenken und Umdenken an!
Gut gefallen haben mir die hervorgehobenen Zitate und Denkanstöße, die es auf vielen Doppelseiten des Buches gibt, etwa: „Ein Kind braucht Eltern, die feinfühlig auf seine Bedürfnisse reagieren können und die sich selbst in ihrer Elternrolle vertrauen.“
Sehr hilfreich sind auch die „AHA-EFFEKTE“ genannten Zusammenfassungen am Ende eines jeden Kapitels, in denen die wichtigen Erkenntnisse nochmal aufgeführt werden.
Katharina Saalfrank hat einen wirklich angenehmen Schreibstil, wodurch sich das Buch sehr flüssig lesen lässt. Die Beispiele aus ihrer Praxis und den Leserbriefen veranschaulichen wunderbar die Theorie. Man erkennt sich in vielen Situationen wieder und kann das Geschriebene umso besser nachvollziehen.
Überzeugend ist auch das schöne und stimmige Layout mit farblichen Untermalungen und eingeschobenen Kästen mit Erläuterungen und Hintergrundinformationen.
Ein wirklich tolles und überaus hilfreiches Buch, das ich unbedingt empfehlen möchte!
Quellennachweis Titelbild: gpointstudio, Shutterstock.com