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„Mit Stoffwindeln wickeln rockt, ganz ohne Windeln rockt noch mehr!“

Stoffwindeln wickeln

Pampers und Co. dominieren unseren Alltag mit Baby so sehr, dass viele junge Eltern gar nicht darüber nachdenken, mit Stoffwindeln zu wickeln. Dabei gibt es dafür gute Argumente. Julia hat zum Thema einen Blog gestartet, um andere Eltern für Stoffwindeln zu begeistern – hier antwortet sie auf die wichtigsten Fragen:

Wie genau funktionieren Stoffwindeln?

Mit Stoffwindeln wickeln ist viel schöner und praktischer, als du dir bisher vorgestellt hast. Oder vielleicht hast du noch nie darüber nachgedacht?

Moderne Stoffwindel

 

Stoffwindeln haben eine wasserdichte Außenhülle, die die Kleidung trocken hält und einen saugenden Kern, der die Feuchtigkeit aufnimmt. Moderne Stoffwindeln sind ein echter Hingucker!

Moderne Stoffwindeln können genauso schnell angelegt und geschlossen werden wie Wegwerfwindeln, denn sie haben Klett- oder Druckknöpfe.

Muttermilchstuhl kann in der Waschmaschine mitgewaschen werden, fester Stuhl kann mit einem Wegwerfvlies ganz einfach entfernt werden.

Dieses Video zeigt sehr schön, wie einfach moderne Stoffwindeln funktionieren:

Falls für dich das Thema Stoffwindeln spannend klingt, kannst du hier mein kostenloses E-Book „Stoffwindel Basics“ herunterladen.

Was sind für dich die wichtigsten Argumente, um von der bequemen Pampers-Lösung auf Stoffwindeln umzusteigen?

Keine dreckigen Bodys – Für Eltern mit Babys, die noch flüssig-breiigen Muttermilchstuhl haben (und das kann bis 12 Monate gehen), der gerne den Rücken bis zum Hals hinauf quillt, können Stoffwindeln eine echte Offenbarung sein. Denn die weichen, dehnbaren Bündchen am Rücken und an den Beinchen sind eine funktionierende Barriere und nicht nur ein optisches Accessoire. Ja, Stoffwindeln sehen manchmal ein bisschen bauschiger aus im Po-Bereich als ihre Wegwerfverwandschaft – dafür gibt es aber ein paar Kubikzentimeter mehr Platz für alle Ausscheidungen. Also, wenn dich dreckige Bodys und regelmäßiges Umziehen nerven, dann ran an die Stoffwindeln!

Weniger Müll – über die Vorteile für den Geldbeutel und die Umwelt beim Vergleich von Stoffwindeln und Wegwerfwindeln lässt sich viel streiten. Ziemlich eindeutig ist allerdings, dass du mit Stoffwindeln deutlich weniger Müll produzierst. Es gibt genügend Gemeinden, wo die Bestellung einer größeren Restmülltonne mehr Geld verschlingt. Weniger Müll bedeutet weniger Müllgebühren und weniger verbrannter Müll. Außerdem musst du mit Stoffwindeln deutlich seltener den Mülleimer leeren gehen.

Bessere Ökobilanz beim Wickeln mit Stoffwindeln?

Verfechter von Wegwerfwindeln bemängeln neben dem zusätzlichen Aufwand vor allem, dass Stoffwindeln zwar weniger Müll produzieren, für die Umwelt aber nicht verträglicher sind, da sie bei hohen Temperaturen (60 oder 90 Grad) gewaschen werden müssen und damit viel Wasser und Energie verbrauchen. 

Es gibt tatsächlich einige Studien, die herausgefunden haben, dass es von der Energiebilanz her keinen Unterschied macht, ob die Eltern mit Stoffwindeln wickeln oder mit Wegwerfwindeln. Aber wenn man ins Kleingedruckte schaut, sind fast alle diese Studien von Procter&Gamble, also dem Hersteller von Pampers Windeln, gesponsert. Welches Ergebnis dabei herauskommen muss, ist also ziemlich klar. Die Stoffwindeln in diesen Studien werden tatsächlich ausschliefllich bei 90 Grad gewaschen und fast immer in den Trockner gegeben, was ziemlich viel Energie verbraucht.

Eine etwas unabhängigere Studie der britischen Environment Agency kommt zu dem Ergebnis, dass die Öko-Bilanz von Stoffwindeln maßgeblich vom Waschverhalten und der Weiterverwendung abhängt. Und dass Stoffwindeln bei einem bewussten Umgang tatsächlich weniger Energie verbrauchen.

So kannst du Energie sparen und eine bessere Öko-Bilanz im Gegensatz zu Wegwerfwindeln bekommen:

  • Die Stoffwindeln so oft wie möglich an der Luft trocknen und so selten wie möglich den Wäschetrockner verwenden.
  • Die Waschmaschinentrommel nicht zu leer lassen, aber nur so voll machen, dass sich die Wäsche auch noch bewegen kann (eine Hand breit zwischen Wäsche und Trommel).
  • Die Stoffwindeln bei 40 oder 60 Grad waschen und die Stoffwindeln so selten wie möglich bei 90 Grad auskochen.
  • So viele Stoffwindeln wie nötig kaufen, um Stress zu vermeiden, aber so wenige Stoffwindeln wie möglich.
  • Stoffwindeln für weitere Kinder verwenden, verschenken oder verkaufen.
  • Die Waschmaschine pflegen, aber wenn ein Neukauf nötig ist, ein energieeffizientes Modell wählen und auf eine Wasserplustaste achten.

Den Ausgang der Studie kannst du dir in diesem Dokument anschauen: PDF betrachten.

Welche sind die häufigsten Bedenken junger Eltern gegenüber Stoffwindeln?

Waschen – Das Waschen ist eine sehr große Sorge von Eltern, die überlegen, mit Stoffwindeln zu wickeln. Aber ich kann dich beruhigen: Stoffwindeln waschen funktioniert genauso wie Handtücher waschen. Niemand benutzt zuhause lieber Papiertücher oder einen Heißlufttrockner, weil die weiße Wäsche als außerordentlich kompliziert und anstrengend empfunden wird.

Mein Tipp:

  • Verwende die normale Koch-/Buntwäsche bei 60 Grad und auf keinen Fall das Öko-Programm, weil dieses viel zu wenig Wasser benutzt. Verwende ein Vollwaschmittel (enthält Sauerstoffbleiche) oder ein Colorwaschmittel plus zusätzlicher Sauerstoffbleiche, da diese Keime, Bakterien, Pilze und Bakterien tötet.
  • Manche Eltern schwören auf einen Spülgang vor dem Hauptwaschgang, einige auf einen danach. Aber es ist nicht zwangsläufig notwendig. Natürlich kannst du das mit dem Spülen ausprobieren, aber falls es keine Veränderungen oder Verbesserungen bringt, kannst du es genauso gut weglassen. Viele moderne Stoffwindeln bestehen aus 3 bis 8 Lagen und langsam trocknenden Stoffen.
  • Egal wie gut du wäschst, können sich gerade im Winter oder bei feucht-warmem Wetter Bakterien oder schlechte Gerüche bilden und damit auch ein wunder Po. Am effektivsten hilft bei diesen Problemen die unregelmäßige Verwendung von Hygienespüler, das Auskochen oder die Verwendung von Chlorbleiche. Die letzten beiden Möglichkeiten können allerdings nur bei unempfindlichen Stoffwindeln (Mullwindeln, Prefolds, Waschlappen, andere Einlagen) genutzt werden.

Aufwand – Natürlich haben Eltern darüberhinaus Bedenken, dass das eh schon stressige Familienleben mit Stoffwindeln noch weiter belastet werden kann. Doch ich kann sagen: Stoffwindeln können, wenn es darauf ankommt (quirliges Kind, unterwegs, Fremdwickler), genauso schnell angelegt werden wie Wegwerfwindeln. Mit ein bis zwei kleinen Zusatzeinlagen können sie bei Pipi ähnlich lange dicht halten wie Wegwerfwindeln, bei Stuhlgang liefern Stoffwindeln ja sowieso eine bessere Leistung. Natürlich müssen sie gewaschen und getrocknet werden, aber dafür entfällt der regelmäßige Kauf und die Entsorgung des Mülls. 😉

Geld – Die Investitionskosten erscheinen auf den ersten Blick hoch, doch sie ammortisieren sich schnell. Das Grundpaket, das ich gleich noch einmal erklären werde und das prinzipiell aus 5 Überhosen (=20 € pro Stück), 30 Mullwindeln (=2 € pro Stück) und 30 Waschlappen (=0,30 € pro Stück) besteht, kostet dich nur 169 €, was ca. 8 Pampers-Packungen entspricht. Na, wie schnell hast du die aufgebraucht? 😉

Stoffwindeln wachsen mit. Sie passen von Geburt bis zum Trockenwerden und können auch noch für das zweite Kind verwendet werden. Du brauchst ca. eine zusätzliche Waschmaschinenladung pro Woche. Eine Waschmaschinenladung kostet gemeinsam mit dem Waschmittel 0,70 bis 1,00 € (Hier gesehen). Pro Kind kannst du mehrere hundert Euro sparen, wenn du Premium- oder Öko-Wegwerfwindeln verwendest, sogar über 1000 €!

Welche Stoffwindel-Systeme gibt es?

Ich teile die Stoffwindel-Systeme gerne in zwei Gruppen ein:

  • Stoffwindeln, die in zwei Schritten angelegt werden.
  • Stoffwindeln, die in einem Schritt angelegt werden.

Bei Stoffwindeln, die in einem Schritt angelegt werden, wird erst die saugende Innenwindel (Mullwindel, Prefold, Bindewindel, Höschenwindel) geschlossen und danach kommt die wasserabweisende Überhose darüber (PUL, Fleece, Wolle, selten Gummi). Die größten Vorteile sind, dass dieses System dünne Beinchen gut abdichtet, die Saugkraft strategisch verteilt wird, sodass der Popo nicht zu dick ist, und dass die Überhose sauber bleibt, weil die innere Windel den Stuhl (in den meisten Fällen) abfängt.

Bei Stoffwindeln, die in zwei Schritten angelegt werden, wird die Einlage angenäht (All-In-One), eingeschoben (Pocketwindel), eingeknüpft (All-In-Two, Snap-In-One), eingelegt (HybridÜberhose/Prefold Überhose) oder die wasserdichte Schicht, in die eine saugende Einlage gelegt wird, wird in ein Baumwollhöschen geknüpft (All-In-Three). In der Handhabung sind die Unterschiede zwischen diesen Systemen marginal.

Die praktischsten Stoffwindeln: Worauf sollte man achten?

Der Begriff „All-In-One“ klingt für viele Stoffwindel-Neulinge erst einmal verlockend: Aha, alles in einem, die Einlage ist vernäht, kein Zusammensuchen, alles fertig. Doch was auf den ersten Blick einfach und verlockend klingt, kann am Ende doch komplizierter sein:

  • All-In-Ones sind teuer und kosten zwischen 24 und 28 € und trotzdem benötigt das Kind nach einigen Monaten noch eine Zusatzeinlage, die eingelegt oder eingeschoben werden muss (siehe oben). Das ganze dann mal 20 multipliziert.
  • Die meisten All-In-Ones passen Neugeborenen und kleinen Babys nicht sehr gut.
  • Viele All-In-Ones sind bei Pipi nicht sehr auslaufsicher.

Ähnliche Listen kommen auch für die anderen Stoffwindel-Systeme zusammen.

Mein liebstes System sind die Hybridüberhosen, wie du sie auf dem Bild ganz am Anfang des Artikels sehen kannst:

Hybridüberhosen, die manchmal auch Prefoldüberhosen genannt werden, sind also ein Hybrid aus 1-Schritt- und 2-Schritt-System und aus Wegwerf- und Stoffwindel.

Sie sind sowohl bei Neugeborenen, großen Babys und Kleinkindern sehr auslaufsicher. Viele andere Stoffwindeln können nur einen dieser drei Zeiträume abdecken!

Außerdem sind sie ziemlich günstig, weil Mullwindeln und Waschlappen als Einlage verwendet werden können. Damit sind sie auch für Normalverdiener und Ich-probier’s-einfach-Mal-aus-Eltern erschwinglich.

Wie viele Stoffwindeln braucht man?

Die Erfahrung zeigt, dass ein Haushalt, der aus zwei Erwachsenen und ein bis zwei Kindern besteht, alle zwei bis drei Tage eine weiße/helle Wäsche voll haben kann: Das wären also die Stoffwindeln, Überhosen, Waschlappen, Handtücher, Geschirrtücher und helle Unterwäsche.

Es gibt auch Familien, die nur alle 7 Tage Stoffwindeln waschen und keine weitere Wäsche dazugeben. Sie lassen die Windeln allerdings auf einer Leine oder einem Wäscheständer vortrocknen, sodass die Gefahr, dass die Stoffe schimmeln, minimiert wird. Natürlich brauchtest du bei so einem langen Rhythmus mehr Windeln, als wenn du öfter wäschst.

Wenn du alle zwei bis drei Tage wäschst, dann haben sich folgende Werte bewährt:

Neugeborene normal groß/schwer:

  • 25 Mullwindeln
  • 5 Überhosen

Neugeborene „machen“ sehr oft und die Windeln  werden öfter als bei älteren Babys gewechselt.

Zierliche Neugeborene oder kleines Paket:

  • 12 Neugeborenen-Überhosen
  • 30 Ikea-Waschlappen

Mullwindeln sind gemeinsam mit einer Überhose gegenüber Pipi und Kacka sehr auslaufsicher, sind aber natürlich nicht so dünn wie ein einfacher Waschlappen, der wiederum deutlich weniger saugt.

Wenn du daheim bist oder wenn die Verwandtschaft das Baby begutachten möchte und dein Baby einen ganz kleinen Popo haben soll, dann kannst du kleine Neugeborenen-Überhosen mit Laschen vorne und hinten verwenden, in die Einlage (z.B. Waschlappen/Tücher) gelegt werden können. Da dieses kleine Paket weniger saugt und auch die Überhose schneller schmutzig wird, bräuchtest du ein bisschen mehr als wenn die Mullwindeln um den Po gelegt werden.

moderne-stoffwindel-pop-in

Größere Babys tagsüber:

  • 20 Mullwindeln
  • 20 Ikea-Waschlappen
  • 5 Überhosen

Größere Babys nachts:

  • 5 Bambus-Höschenwindeln + 5 Ikea-Waschlappen
  • oder 10 Mullwindeln
  • 2 etwas geräumigere Überhosen

Babysitter/Tagesmutter/Unterwegs:

  • pro Wickelintervall 1 Hybridüberhose/Pocketwindel + 1 Mullwindel + 1 Ikea-Waschlappen
  • für 6 Stunden Babysitting wären das 2 Stoffwindeln und eine Ersatzwindel

Die Angaben sind Minimalangaben. Falls du dich gestresst fühlst oder mit dem Waschen nicht hinterher kommst, dann bringt es schon ganz viel, wenn du eine weitere Überhose und 5 weitere Mullwindeln kaufst. Das wird sich schon ganz anders anfühlen!

Weiteres praktisches Zubehör:

  • 2 Wetbags: Diese Nasstaschen sind geruchsdicht, wasserdicht und können mitgewaschen werden. Sie sind sehr praktisch, um die Stoffwindeln unterwegs zu lagern. Auch daheim können sie verwendet werden, wenn man keine Windeltonne benutzen möchte.
  • 1 Windeltonne + 1 Wäschenetz: Stoffwindeln sollten zuhause kühl und trocken lagern, um Geruchs- und Schimmelprobleme zu vermeiden.
  • Windelvlies: Damit kann fester Stuhlgang ganz einfach im Restmüll entsorgt werden. Das Vlies besteht aus Cellulase und kostet zwischen 4 bis 8 Cent, kann aber mitgewaschen und mehrfach benutzt werden, falls es nur feucht geworden ist.

Meine Lieblingswindeln und mein Lieblingszubehör kannst du in dieser Auflistung sehen.

Wie ist die Idee zum Blog über Stoffwindeln entstanden?

Mein Mann und ich wollten von Anfang an mit Stoffwindeln wickeln, aber hatten keinen richtigen Plan. Ich muss zugeben, dass wir in den ersten Monaten nur unbequeme, auslaufende Stoffwindeln verwendet haben. Trotzdem waren wir weiterhin motiviert, bei Stoffwindeln zu bleiben:

  1. Einmal wegen der Müllvermeidung,
  2. einfach, weil wir uns dieses Projekt fest vorgenommen hatten
  3. und weil Stoffwindeln trotz aller nassen Hosen den flüssigen Muttermilchstuhl viel besser in ihrem Inneren halten konnten, als die wenigen Wegwerfwindeln, die ich ab und an mal verwendet habe.

Ich habe noch ein bisschen herumprobiert und habe dann wirklich Stoffwindeln gefunden, die bequem, sehr auslaufsicher und gar nicht so teuer sind: Hybridüberhosen (Prefoldüberhosen) mit Einlage und Pocketwindeln mit Einlage.

Mir hat das Projekt Stoffwindeln dann so viel Spaß gemacht, dass ich mit einem guten Freund ein kleines Video gedreht habe – in der Hoffnung, ein paar Freundinnen für Stoffwindeln zu begeistern. Dieses kleine Video und noch zwei kleine Clips haben der Stoffwindelwelt dann so gut gefallen, dass ich mehrfach gefragt wurde, ob ich denn nicht Lust hätte einen Blog zu starten.

Das war eine gute Idee, denn in meinem Herzen steckte wirklich der große Wunsch, anderen Mamas beim Kaufen, Waschen und Verwenden von Stoffwindeln zu helfen. Denn ich weiß, dass nicht alle so eine große Ausdauer haben wie mein Mann und ich. Nicht jede Mama möchte dutzende Stoffwindeln ausprobieren, nur um vielleicht irgendwann doch eine gute zu finden.

Aus meinen Erfahrungen mit über 50 getesteten Stoffwindeln/Überhosen/Einlagen, den Berichten meiner Freundinnen und den Interviews mit vielen Stoffwindel-Mamas kann ich ganz gut ableiten, welche Stoffwindeln für den Großteil der Mütter funktionieren und welche sie lieber nicht kaufen sollten.

Und dann gibt es ja noch „Windelfrei“ . . .

Babys können von Geburt an spüren, dass sie Pipi-AA müssen, genauso wie sie spüren, dass sie gestreichelt werden, dass sie gerade getragen werden, dass sie Bauchschmerzen haben. Ich habe mittlerweile so viele Neugeborene und Babys gesehen, die ihr Pipi-AA anhalten, warten bis sie abgehalten werden und dann auf Kommando (Schlüsselsignale) ihr Geschäft verrichten, dass ich immer in mich hineinlächeln muss, wenn ich lese oder höre, dass Kinder ja frühstens mit zwei Jahren ihre Ausscheidungen spüren und kontrollieren können.

Was allerdings nicht heißt, dass bei Windelfrei immer alles von Anfang an perfekt läuft. Für die wenigsten Eltern heißt Windelfrei „100% ohne Windeln“ und „jedes Pipi abfangen“. Windelfrei bedeutet meist eher Teilzeit-WindelfreiWindelfrei-Babys tragen Windeln als Back-Ups, die den Boden, den Teppich, die Polstermöbel, das Bett und die Kleidung der Bezugspersonen schützen, wenn ein Pipi verpasst wird. Viele Eltern wickeln ihr Kind ganz normal und bieten das Töpfchen oder Klo bei jedem Windelwechseln an.

Aber warum heiflt es dann Windelfrei, wenn die Babys gar nicht ohne Windeln sind?

  • Windelfrei kann man als „im Geiste frei von Windeln“, frei von der Abhängigkeit von Windeln verstehen.
  • Windelfrei kann heißen „windelfrei ausscheiden“, also dass das Baby einen anderen Ort als seine Windel kennt, um Pipi-AA zu machen.
  • Windelfrei kann „wegwerfwindelfrei“ bedeuten. Mit Stoffwindeln wickeln ist eine gute Alternative und bietet sowohl deinem Baby als auch dir deutlichere Rückmeldungen über Pipi-AA.

Wir haben Windelfrei in den ersten Lebenswochen ausprobiert, aber dann aufgehört, weil wir uns als Familie gestresst gefühlt haben und mein Sohn bei jedem Abhalten weinte. Rückblickend kann ich sagen, dass es mit anderen Büchern und anderen Tipps wahrscheinlich besser geklappt hätte.

Mit 11 Monaten haben wir wieder mit Windelfrei angefangen und sind 0 bis 3 Mal am Tag gemeinsam aufs Klo gegangen. Pipi ging oft ins Töpfchen. Kacka hat bei uns nie geklappt, obwohl es das ist, was bei den meisten Eltern super funktioniert, was ja auch für Kind (weniger Saubermachen, weniger Ausschlag, besseres Gef¸hl) und die Eltern (weniger Saubermachen, weniger dreckige Stoffwindeln) sehr praktisch ist.

Ich habe meinen Sohn nie nackig gelassen, weil unsere Wohnung kühl war und ich nichts davon halte, dass er auf den Boden pinkelt und ich es dann wegwische. Dann kann ich ihm auch eine Windel anziehen 😉

Mein Sohn hasste das Windelwechseln abgrundtief. Wenn er eine Windel am Po hatte, wollte er sie nicht mehr hergeben. Wenn er dann kurz nackig war, wollte er keine neue Windel an den Po haben. Es war zum Verzweifeln!

Es war heiß und in unserem Hof durfte er nackig mit Wasser spielen. Das Töpfchen habe ich mit hinausgenommen. Er lief herum, spielte, pieselte mal hier und mal dort, doch eines Nachmittags sagte er „AA“, setzte sich aufs Töpfchen, pieselte und stand wieder auf. Er war gerade 17 Monate alt. Ich war baff! Dieser Vorfall ist nicht wieder passiert. Aber für mich war es ein Warnschuss: Julia, du musst die Windeln jetzt weglassen, du musst ihm zeigen wie es geht, sodass ihr auch mit Kleidung und unterwegs ohne Windeln sein könnt.

Zum Glück bin ich auf die Bücher „Oh Crap Potty Training“ und „Tiny Potty Training Book“ gestoßen (Diese und andere Bücher rund um Stoffwindeln & Windelfrei empfiehlt euch Julia in Kürze in einer Bücherliste hier bei mamour). Sie zeigen, wie Eltern die Windeln weglassen können. Es funktioniert ähnlich wie Windelfrei, nur dass die Eltern und das Kind nicht ewig von Back-Ups abhängig sind, sondern einen Weg gezeigt bekommen, wie das Kind lernen kann, aufs Töpfchen zu gehen. Die Eltern lernen, ihrem windellosen Kind zu vertrauen. Nach 7 Tagen +/- 3 Tage gibt es meist den ersten trockenen Tag. Nach 3 bis 4 Wochen fangen die Kinder an selbst Bescheid zu geben.

Mit 18 Monaten habe ich die Windeln weggelassen: Der erste Tag nackig, die nächsten Tage nur mit Hose ohne Unterhose, weil sie zu sehr an Windeln erinnert, erst kleine Spaziergänge, dann größere Ausflüge. Alles ohne Windeln! Wow, nach 7 Tagen hatten wir den ersten trockenen Tag. Mein Kleiner fing auch sehr schnell an „AA“ zu sagen, wenn er Pipi oder AA musste, wahrscheinlich weil wir schon so lange darüber kommuniziert haben.

Auf meinem Blog gibt es schon viele weitere Interviews übers Trockenwerden: Von Geburt an ohne Windel, ab Geburt Windelfrei und mit Back-Up, nackig Trockenwerden und mehrere über das oben beschriebene Töpfchen-Training. Es gibt einige Alternativen zum herkömmlichen Warten, Warten, Warten.

Für sehr viele Eltern und Kinder hat das frühe Windeln weglassen nämlich viele Vorteile: Keinen wunden Popo mehr, keine Schmerzen, keine Verstopfungen, besseres Körpergefühl, keine Kämpfe beim Windelwechseln und weniger Energieverbrauch.

Mein Fazit: Windelfrei ab Geburt kann cool sein, aber Eltern sollten es locker und stressfrei angehen. Windelfrei ist immer möglich, egal wie alt das Kind ist. Ab ca. 18 Monate sollten die Eltern aber wirklich alle Back-Ups und Windeln weglassen, weil es sonst für das Kind zu uneindeutig und kompliziert wird: Mal Windel, mal keine Windel, mal wichtig, mal unwichtig.

Mit Stoffwindeln wickeln rockt, aber ganz ohne Windeln rockt noch mehr!

Liebe Grüße

Julia von www.windelwissen.de

Über die Autorin

Julia Schmidt ist Mutter eines dreijährigen Sohnes und gebürtige Sächsin: Als fast DDR-Kind wurde sie selbst mit Stoffwindeln gewickelt und war lange vor ihrem zweiten Geburtstag komplett ohne Windeln. Mit ihrem Blog www.windelwissen.de möchte sie Eltern bei allen Themen rundum Windeln unterstützen: Bei der richtigen Wahl der Stoffwindeln, beim Windelnwaschen, beim Abhalten und Windelfrei und schließlich dem Trockenwerden und Windeln weglassen.

Mit Stoffwindeln wickeln rockt, aber ganz ohne Windeln rockt noch mehr!

Julia Schmidt
Julia Schmidt

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