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Buchtipp: Mit Gelassenheit durch die Trotzphase

Trotzphase Ratgeber

Ein neuer Elternratgeber hat im Nu die Bestsellerlisten erobert. Kein Wunder, denn „Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn. Der entspannte Weg durch Trotzphasen“ ist tatsächlich Balsam für die Seelen aller Eltern von Kleinkindern.

Die Trotzphase bei Kleinkindern (das müssen wir mal präzisieren, denn es gibt ja noch die Trotzphase bei pubertierenden Teenagern!) – das kennen die meisten Eltern. Die Zeit, wenn unsere Kinder um den zweiten Geburtstag herum das Wörtchen NEIN lernen und dieses zu ihrem Lieblingswort wird. Nein dies, nein das, nein im Allgemeinen und zu allem.

Unsere zweijährige Tochter befindet sich gerade mitten in dieser Phase. Sie sagt nein, wenn wir sie zum Essen rufen. Und wenn wir uns dann an den Tisch setzen, kommt sie – natürlich – und sagt „ich auch essen!“, so als würden wir ihr etwas vorenthalten wollen… aber immer erstmal nein sagen!

Sie sagt nein zum Schal, obwohl es draußen eisig ist. Sie sagt nein zu den Schuhen. Sie sagt nein zur frischen Windel, nein zum Bad, nein zum Trinken aus dem Becher, nein zum Aufräumen, nein zum Zähneputzen, nein zum Umziehen, nein zum Schlafen.

Uns als Eltern ist klar, dass sie einfach Dinge selbst entscheiden möchte und daher erstmal zu allem, was wir sagen, nein sagt. Autonomie ist ja auch wichtig! Dennoch kann es manchmal etwas nerven, wenn das kategorische Nein erklingt.

Da es den meisten (wenn nicht allen) Eltern so oder ähnlich geht, gibt es hierzu einiges an Literatur. Auch die beiden Autorinnen des großen Elternblogs „Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn“ haben ihr geballtes Wissen in ein Buch gepackt und sich darin mit der Trotzphase befasst:

Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn. Der entspannte Weg durch Trotzphasen von Danielle Graf und Katja Seide ist im Beltz Verlag erschienen.

„Je entspannter man mit einer Verhaltensweise des Kindes umgeht, desto leichter kann es diese auch wieder loslassen.“

Die Autorinnen beginnen ihr Buch mit dem Kapitel „Die Wut der Kinder“, in dem sie die Verhaltensweisen und Reaktionen unserer Kleinkinder neurobiologisch erklären. Warum reagieren Kinder mit Wut und Trotz, wenn etwas nicht so läuft, wie sie es sich vorstellen? Weil das entsprechende Areal in ihrem Gehirn, das die Gefühle reguliert, noch nicht so weit ausgebildet ist, dass es – wie es bei einem älteren Kind oder auch bei einem Erwachsenen der Fall ist – mäßigend eingreifen könnte.

Das limbische System, das „emotionale Gehirn“, das spontane und instinktive Reaktionen produziert, dominiert noch stark. Der Neokortex, das „kognitive Gehirn“, muss erst mit positiven und negativen Erfahrungen gespeist werden: Wenn eine bestimmte Situation (z. B. Begegnung mit einem Hund) als ungefährlich erlebt wurde, wird beim nächsten Erleben einer solchen Situation mit mehr Gelassenheit darauf reagiert.

„Hat ein Kleinkind ein Stresserlebnis, wenn zum Beispiel ein Erwachsener etwas verbietet, übernimmt das emotionale Gehirn die Führung und blockiert das vernünftige, geduldige Gehirn weitestgehend in seiner Funktion. Das Kind wird von seinen Emotionen überwältigt – es wütet. Es wirft sich auf den Boden, schreit, spuckt, haut, tritt und ist völlig außer sich.“

Das kognitive Gehirn ist vorübergehend ausgeschaltet, wir können als Eltern also auch mit Worten nicht viel erreichen. Durch nonverbale Kommunikation (Mimik, Gestik, Tonfall) jedoch können wir das emotionale Gehirn erreichen und signalisieren, dass wir gemeinsam mit unserem Kind an einer Lösung des Problems interessiert sind.

Unsere Babys und Kleinkinder sind mit den meisten Stresssituationen noch überfordert und können ihre Gefühle nicht selbst regulieren. Sie benötigen zuverlässige Unterstützung von außen, um aus einem Wutanfall herauszufinden. „Fremdregulation ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um den Aufbau der Eigenregulation zu unterstützen.“

Das stumme Selbstgespräch

Im zweiten Kapitel widmen sich die Autorinnen der „Wut der Eltern“ und erklären, warum die Reaktionen unserer Kinder uns als Eltern so schnell auf die Palme bringen und wir gerne auch mal überreagieren: Die Reaktionen unserer Kinder rühren häufig an unverarbeitete und vergessene Erlebnisse aus unserer eigenen frühen Kindheit und provozieren damit diese unzähmbare Wut, die wir dann in uns bemerken.

Wir sind durch unsere eigene Kindheit geprägt und reagieren häufig in solchen Situationen unbewusst so, wie unsere eigenen Eltern reagiert haben (und wie diese es wiederum von ihren Eltern erlebt haben). Die Autorinnen zeigen uns einen Weg aus diesem Teufelskreis: das stumme Selbstgespräch.

Dabei werden die Wut und die Vorwürfe nicht laut ausgesprochen, die impulsive und unüberlegte Reaktion (verursacht vom emotionalen Gehirn) also lautlos nur im eigenen Kopf durchlebt. „Wir müssen die bösen Gedanken und Worte erst einmal loswerden, bevor wir uns unseren Kindern wieder empathisch zuwenden können. Wir können uns aber bewusst dafür entscheiden, unsere bösen Gedanken und Worte nur im eigenen Kopf als stummes Selbstgespräch zu durchleben.“

Danach ist man fähig, sich dem Kind liebevoll zuzuwenden – sobald das kognitive Gehirn die Gelegenheit hatte, sich einzuschalten.

Indem wir diese negativen Impulse, in einer Krisensituation mit dem Kind selbiges verbal niederzumachen, lautlos durchleben, durchbrechen wir den Teufelskreis und schaffen es, dass unsere Kinder mit ihren Kindern später nicht diese Impulse haben, da sie sie selbst nicht erlebt haben.

„Je besser wir uns selbst verstehen und je mehr Mitgefühl wir uns selbst entgegenbringen, desto einfacher wird es in akuten Situationen werden, unserem Kind gegenüber besonnener zu reagieren.“

„Übersetzungshilfen für Eltern kleiner Wutwichtel“

Es folgt das spannende Kapitel „Übersetzungshilfen für Eltern kleiner Wutwichtel“: Wenn Kinder etwas nicht wollen, können sie ganz schön frech werden – „Blöde Mama“ gehört dann noch zu den harmloseren Beleidigungen.

Doch was wollen Kinder damit ausdrücken? Oft fehlt unseren Kindern in diesem Fall einfach der Wortschatz, um Enttäuschung, Wut oder Frust zu verbalisieren. Wenn man sich das bewusstmacht, kann man besser und angemessener reagieren, vor allem nicht mit kindischen Gegenbeleidigungen.

Freundlicherweise liefern die Autorinnen uns dabei gleich Anregungen mit, wie wir es als Eltern schaffen können, „erwachsen“ zu reagieren und damit aus der Negativspirale der gegenseitigen Verletzungen auszubrechen.

„Wenn es uns gelingt, das provozierende Verhalten unserer Kinder als Ausdruck dafür zu sehen, dass sie sich gerade unwohl fühlen, können wir es leichter abstellen, indem wir uns ihnen positiv zuwenden.“

„Eltern vergessen es gern, aber Kooperation bedeutet nicht nur, dass die Kinder daran mitarbeiten, im Alltag die Ziele gemeinsam und ohne Streit zu erreichen, sondern auch, dass es vonseiten der Großen Zugeständnisse gibt.“ Unsere Kinder sind viel mehr bereit, das zu machen, was wir von ihnen erwarten, wenn wir ihnen in Situationen, in denen nichts dagegenspricht, ihren Willen lassen.

Warum nicht unser Kind den geliebten Regenschirm mitnehmen lassen, selbst wenn draußen 30 Grad und Sonnenschein herrschen? Oder selbst entscheiden lassen, was es anzieht? Selbst wenn es bedeutet, dass das Kind ohne Schal rausgeht – dann wird der Schal eben mitgenommen und unterwegs angezogen, sobald dem Kind kalt wird (das klappt bei unserer Tochter wunderbar).

„Der beste Weg, die kindliche Kooperationsbereitschaft kontinuierlich zu fördern, besteht darin, so oft wie möglich ‚Ja!’ zu sagen, also eine ‚Ja’-Umgebung zu schaffen.“

„Schnelle Hilfen für akute Trotzanfälle“

In dem sehr praxisbezogenen Kapitel „Tipps und Tricks für einen entspannten Alltag“ greifen die Autorinnen Alltagssituationen von unkooperativen Verhaltensweisen unserer Kinder auf: Was tun, wenn das Kind keine Treppen laufen möchte, sich weigert, die Windel gewechselt zu bekommen, sich nicht anziehen möchte oder draußen ständig wegläuft?

Die Autorinnen erläutern jeweils die möglichen kindlichen Beweggründe, die hinter einer solchen Weigerung stehen können, und bieten erprobte Tipps, wie diese vermieden oder für alle Beteiligten gelassen überstanden werden können.

Im letzten Kapitel geben die Autorinnen uns noch „Schnelle Hilfen für akute Trotzanfälle“ an die Hand, damit wir als Eltern Ruhe bewahren und unserem Kind beim Durchstehen der Stresssituation, die ein Wutanfall nun mal darstellt, unterstützend zur Seite stehen können. Mit der Zeit können wir unseren Kindern dann zeigen, wie sie lernen können, sich selbst zu beruhigen – immer abhängig von ihrem altersbedingten Entwicklungsstand.

„Eigentlich müssten wir Eltern jeden Wutanfall auf dem Spielplatz, im Supermarkt oder am Frühstückstisch als eine Chance für unsere Kinder feiern, sich selbst als Menschen kennenzulernen und weiterzuentwickeln. […] Sie [Trotzphasen] bieten unseren Kindern die Möglichkeit, über Versuch und Irrtum herauszufinden, was als angemessene Reaktionen auf Ärger, Wut, Trauer, Freude, Eifersucht und Neid in ihrem gesellschaftlichen und sozialen Umfeld gilt.“

Pflicht für jedes Eltern-Buchregal

Das Buch bietet viele augenöffnende Momente. Die Autorinnen machen Mut, Wege abseits der klassischen Erziehung mit festen Grenzen und Konsequenz zu gehen. Wie der Blog ist auch das Buch äußerst empfehlenswert! Gut recherchiert, fundiert, mit vielen Beispielen aus den Erfahrungen mit den eigenen Kindern (die Autorinnen haben selbst insgesamt fünf Kinder) und aus Blogleserzuschriften veranschaulicht und sehr toll geschrieben.

Nach der Lektüre dieses Buches hat man gleich eine viel verständnisvollere und dadurch entspanntere Haltung dem eigenen „trotzigen“ Kind gegenüber. Es sollte in jedem Eltern-Bücherregal stehen und bald vom vielen Lesen und Wiederlesen und Durchblättern ganz zerfleddert sein. Eine absolute Kaufempfehlung, am besten für die Großeltern gleich mitbesorgen und allen (werdenden) Eltern im Freundes- und Bekanntenkreis empfehlen!

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Über die Autorin

Janine Plitsch ist zweifache Mama und Buchhändlerin mit Leidenschaft. Die Gründerin von mamour hat in ihren Schwangerschaften selbst alles verschlungen, was ihr zum Thema in die Hände gefallen ist – jetzt hilft sie anderen (werdenden) Müttern und Vätern, die besten Bücher rund um Schwangerschaft, Babyzeit und Co. zu finden.

Die Trotzphase kann stressig und anstrengend sein. Dieser Ratgeber gibt einem das gute Gefühl, dass man nicht allein ist und dass es Wege gibt, gelassen mit der Situation umzugehen.

Janine Plitsch
Janine Plitsch

Quellennachweis Titelbild: Marcel Jancovic, Shutterstock.com