Wer selbst Geschwister hat, kennt es gut: Man liebt und zofft sich gleichermaßen. In guten Momenten ist man ein Herz und eine Seele, man spielt zusammen, umarmt sich und kuschelt (das machen meine Beiden gerade gerne). In schlechten Momenten regt einen alles auf, was der Bruder oder die Schwester macht.
Der Bruder kommt immer genau dann in das gemeinsame Zimmer, wenn man gerade seine Ruhe haben will. Die kleine Schwester begeistert sich immer für genau das Spielzeug, mit dem man gerade selbst spielt. Die große Schwester übt genau in dem Moment Trompete, wenn man gerade ein spannendes Hörspiel hört . . .
Das Anstrengende an der Sache: Die guten und schlechten Momente, die friedvollen und streitlustigen Momente wechseln sich ständig ab, gerne auch von einer Minute auf die andere.
„Ein Glaserbsenregen, der vom Himmel prasselte“
So geht es auch Natalie im Buch „Alfonso, das macht man nicht!“ von Daisy Hirst. Natalie liebt ihren kleinen Bruder Alfonso. Sie spielen gerne zusammen, hecken Unsinn aus und lassen sich gemeinsam vorlesen. Doch was Natalie gar nicht mag, ist, wenn der kleine Alfonso ihre Basteleien bekritzelt oder hineinbeißt.
Als sie ihn einmal dabei erwischt, wie er auf ihrem Lieblingsbuch herumkaut, reißt ihr die Hutschnur: „ALFONSO, DAS MACHT MAN NICHT!“ Um ihre Wut loszuwerden, malt Natalie einen Wirbelsturm, zwei wilde Tiere, haufenweise Erbsen und einen winzig kleinen Alfonso, der diesen Naturgewalten (Erbsen…) ausgesetzt ist.
Sie schließt sich im Badezimmer ein und bekommt dadurch Alfonsos Versöhnungsangebot („Vielleicht können wir dein Buch mit Marmelade kleben?“) nicht mit. Als sie jedoch von nebenan Geräusche hört, die den Anschein erwecken, als würde ihre Zeichnung Wirklichkeit werden („…ein tosender Wirbelsturm, knurrende wilde Tiere und ein Glaserbsenregen, der vom Himmel prasselte“), macht sie sich Sorgen um ihren kleinen Bruder und kommt wieder hervor.
Alfonso hat beim Versuch, Natalies Buch zu reparieren, einiges Missgeschick angestellt und dabei einen gehörigen Krach gemacht. Er ist ganz geknickt, dass er ihr Buch angeknabbert hat, und sie ist geknickt, weil sie gemein zu ihm war, und so vertragen die beiden sich wieder.
Rote und blaue Farbkleckse mit Gliedmaßen
Das Buch ist sehr einfach gezeichnet. Natalie und Alfonso sind nicht mehr als zwei rote und blaue Farbkleckse mit vier Gliedmaßen, Ohren, großen Augen und einem Mund. Meist ist auch die Umgebung der einzelnen Szenen sehr vereinfacht dargestellt. Die Geschichte besteht nicht aus mehr als ein paar Sätzen, die sich oft über mehrere Doppelseiten hinziehen.
Aber gerade durch diesen plakativen Zeichenstil und die kurzen Sätze lässt sich das Buch wunderbar mit ganz kleinen und auch älteren Kleinkindern lesen.
Unsere Dreijährige, der ich sonst schon viel ausführlichere Geschichten vorlese mit detaillierteren, kleinteiligeren Bildern, hat großen Spaß an diesem Bilderbuch gehabt. Wir haben gemeinsam die Bilder besprochen, haben die Geschichte mit Situationen verglichen, die sie selbst mit ihrer kleinen Schwester erlebt, und haben uns lange mit den Zeichnungen am Ende des Buches beschäftigt, die Natalie und Alfonso – als sie sich nach dem Geschwisterstreit wieder vertragen haben – gemeinsam gestaltet haben.
Aber auch mit einem jüngeren Kind kann man das Bilderbuch wunderbar lesen. Es lädt förmlich dazu ein, die Bilder gemeinsam zu besprechen und die Geschichte je nach Alter des Kindes auszuschmücken und mit Beispielen aus kürzlich erlebten Geschwister-Situationen zu deuten.
Ein sehr gelungenes Buch (hier zu finden in unserem Shop)!
Empfohlenes Lesealter: ab 2 Jahren
Über die Autorin
Janine Plitsch ist zweifache Mama und Buchhändlerin mit Leidenschaft. Die Gründerin von mamour hat in ihren Schwangerschaften selbst alles verschlungen, was ihr zum Thema in die Hände gefallen ist – jetzt hilft sie anderen (werdenden) Müttern und Vätern, die besten Bücher rund um Schwangerschaft, Babyzeit und Co. zu finden.
“Wer selbst Geschwister hat, kennt es gut: Man liebt und zofft sich gleichermaßen.”
Janine Plitsch
Quellennachweis Titelbild: juninatt, Shutterstock.com